Märchen aus dem Land der Feuer - Aserbaidschan
In Übersetzung von Mag. Liliane Grimm

Fräulein Pispisa und Herr Maus

Es war einmal, es war kein Mal, es war eine Fräulein Pispisa eine anmutige Kakerlake. Eines Tages dachte Pispisa daran zu heiraten. Festlich angezogen und geschmückt stieg sie auf einen Hügel vor dem Haus und sagte laut:

Ich suche einen Mann, ich suche einen Mann,

Wenn ich ihn nicht finde, sterbe ich daran.

Ein Holzfäller kam des Weges daher und als er ihre Worte hörte, sagte er :

„Liebliches Fräulein Pispisa, willst du mich heiraten ?“

Fräulein Pispisa sagte:

„ Wenn du mich schlagen willst, womit wirst du mich schlagen ?“

Der Holzfäller sagte:

„ Mit der Axt.“

Fräulein Pispisa sagte:

„ Geh, ich passe nicht zu dir.“

Der Holzfäller ging weg. Pispisa fing neuerlich zu singen an:

Ich suche einen Mann, ich suche einen Mann,

Wenn ich ihn nicht finde, sterbe ich daran.

Ein Ruderer hörte ihre Worte und sagte:

„ Fräulein Pispisa, Heckenröschen, willst du mich heiraten ?“

Fräulein Pispisa sagte:

„Wenn du mich schlagen möchtest, womit schlägst du mich?“

Der Ruderer sagte:

„ Mit dem Ruder.“

Fräulein Pispisa sagte:

„ Geh, ich passe nicht zu dir.“

Der Ruderer ging, Fräulein Pispisa begann neuerlich:

Ich suche einen Mann, ich suche einen Mann,

Wenn ich ihn nicht finde, sterbe ich daran.

Herr Maus kam daher. Was sah er da? Fräulein Pispisa, herausgeputzt, schön gekleidet, so sagte sie ununterbrochen :

Ich suche einen Mann, ich suche einen Mann,

Wenn ich ihn nicht finde, sterbe ich daran.

Herr Maus sagte zu ihr:

„ Grüß Gott, meine anmutige Kakerlake, Fräulein Pispisa, Röschen, meine Süße, mein Herz, mein Seelchen, du Quelle meiner Kraft, wie geht es dir ?“

Die Kakerlake, die Liebliche, sah sich Herrn Maus sehr gut an, der Herr Maus, oh was für ein Herr Maus?...Gekleidet, herausgeputzt, den Schwanz wie ein Löwe auf der Schulter gehalten, die Ohren steif. Den Bart aufgezwirbelt wie Rüstem - Zal, so dass man glaubt, er ist der einzige auf der Welt. Am Brustkorb weiß, die Augen schwarz. Wer ihn einmal sieht, will ihn immer wieder sehen.

Fräulein Pispisa sagte :

„ Oh Grüß Gott, die Nelke zwischen den Zähnen, die Ohren gespitzt, Beine wie Säulen, schöner als alle, bist du auch gut aufgelegt? Wie geht es dir ?“

Herr Maus sagte:

„Danke, Fräulein Pispisa, teures Herz, ich frage auch, willst du mich heiraten?

Fräulein Pispisa sagte :

„ Wenn du mich schlagen willst, womit schlägst du mich ?“

Herr Maus sagte :

„ Teures Herz, ich schlage dich nicht, ich schlage eher mit dem Schwanz, stecke ihn in ein Kayalfläschchen und ziehe ihn durch die Augenfarbe.“

Fräulein Pispisa sagte:

„ Ich heirate dich und werde ein schönes Hochzeitsfest bereiten.“

Alle beide waren zufrieden. Für die Hochzeit bestellten sie den Schmetterling, der die Saz spielte und die Grille als Sänger, und diese musizierten ununterbrochen auf der sieben Tage und sieben Nächte lang andauernden Hochzeit. Frau Pispisa und Herr Maus zogen in sein Haus. Sie waren liebevoll zueinander, aßen und tranken und hatten Spaß aneinander.

Eines Tages sagte Herr Maus zu Frau Pispisa:

„ Frau Pispisa, meine Seele, du bleibst zu Hause und ich gehe in das Haus des Schah und bringe dir Pistazien, Kandiszucker und Süßes und allerlei Leckerein.

Dann kannst du nach Herzenslust knabbern.“

Frau Pispisa sagte:

„ Geh, aber komm schnell wieder. Ich kann eine Trennung von dir nicht ertragen.“

Herr Maus sagte:

„ Ich werde bald kommen, mein Liebes.

Herr Maus und Frau Pispisa küssten sich und nahmen Abschied voneinander, er machte sich auf den Weg und ging zum Haus des Schah. Frau Pispisa saß zu Hause und begann auf ihn zu warten. Als sie wartete wurde ihr schließlich sehr langweilig und sie sagte zu sich:

„Bis Herr Maus kommt, bin ich in der Lage seine Kleider zu holen und im tiefen See der Kamelspur zu waschen, aufzuhängen, trocknen zu lassen, so dass sie, wenn er kommt und sie anzieht, ganz und gar sauber sind.“

Sie holte Herrn Maus Kleider hervor und wusch sie, dabei rutschte sie aus und fiel in den tiefen See der Kamelspur. Sie zappelte sehr, doch so sehr sie es auch versuchte, sie konnte nicht aus dem Wasser herauskommen. In dem tiefen See der Kamelspur ertrank sie fast. Da sah sie auf der Straße einige Reiter herankommen. Hört, was sie zu den Reitern sagte:

„Trabet schnell, oh Reitersmann,

Ziehet fest die Zügel an,

Reitet hin zu Schahens Haus,

Bringt die Nachricht dem Herrn Maus:

Ermüdet fiel in einen See,

Frau Pispisa, sie sinkt, oh weh,

Die Müde wird ertrinken bald,

So sie nicht findet seinen Halt.“

Die Reiter sahen hin und her und konnten niemanden sehen. Sie wollten schon weiterreiten. Frau Pispisa begann von Neuem die selben Worte zu singen. Als die Reiter dahin und dorthin geschaut hatten, sahen sie, wie Frau Pispisa, die das bestellt hatte, in dem tiefen See der Kamelspur versank und beim Ertrinken war. Als sie Frau Pispisa wieder gesehen hatten, sagte sie:

„Langhaarige Schlossdame,

Mit langem Gewand umhüllte Dame.

Die liebliche Kakerlake hatte die Kleider gewaschen, glitt am Boden aus, fiel in den tiefen See der Kamelfurche, ist dabei durch Ertrinken zu sterben, er solle schnell kommen.“

Die Reiter ritten geradewegs zu des Schahs Haus. Sie richteten dort die Worte Frau Pispisas aus. Herr Maus war gerade in einer Schale Süßigkeiten aufgehalten. Er füllte für Frau Pispisa ein Glas. Als er von den Reitern die Nachricht vernommen hatte, packte er eine Schachtel und machte sich auf den Weg, um rechtzeitig zu Frau Pispisa zu kommen. Er sah Frau Pispisa aus dem tiefen See in der Kamelspur auftauchen, es fehlte nicht viel, dass sie ertrank, sie war sehr erschöpft. Herr Maus reichte ihr die Hand und sagte:

„ Fasse mich an der Hand.“

Frau Pispisa sagte:

„ Geh, geh, ich bin enttäuscht von dir.“

Herr Maus sagte wieder:

„ Fass mich an der Hand.“

Frau Pispisa sagte wieder:

„ Geh, geh, ich bin enttäuscht von dir.“

Herr Maus sagte dreimal:

„ Fass mich an der Hand.

Frau Pispisa sagte immer:

„ Geh, geh, ich bin enttäuscht von dir.“

Schließlich wurde Herr Maus wütend, nahm eine Hand voll Schlamm und warf ihn auf den Kopf der Kakerlake und sagte:

„ Bleibe enttäuscht. So werfe ich Schlamm auf dich.“

So hauchte die liebliche Kakerlake dort ihr Leben aus. Herr Maus aber erhob sich und ging nach Hause.